Autorin: Birgit Gegier Steiner
Titel: Artgerechte Haltung: Es ist Zeit für einen jungengerechte Erziehung
Verlag:  Gütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr: 2015
Umfang: 256 Seiten
Preis:  Taschenbuch 17,99 €  –  Kindle Edition 13,99 €

Inhalt (Klappentext):

WAS IST DAS GEHEIMNIS GLÜCKLICHER JUNGS?
Jungs sind laut. Jungs machen Ärger. Jungs sind die Bildungsverlierer der Nation. Kein Wunder! Unsere einseitige Pädagogik hat fast nur noch die Bedürfnisse von Mädchen im Blick. Was ist die Folge? Sobald ein Junge seine Grenzen austesten will, sind wir überfordert und versuchen, ihm das “Jungenhafte” auszutreiben.
Wir müssen umdenken, damit Jungs wieder Jungs sein dürfen: anstrengend, energiegeladen und bewegungsfreudig. Es ist Zeit für einen jungengerechte Erziehung für Kindergarten, Schule und Zuhause. Es ist Zeit für das “fußballdidaktische Prinzip”.

Zur Autorin

Birgit Gegier Steiner, geboren 1960, wuchs in Süddeutschland auf. Sie
selbst hat zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Drei weitere Söhne
brachte ihr Mann mit in die Ehe. Nach ihrem Studium unterrichtete sie an
verschiedenen Grund- und Hauptschulen. Seit 1995 war sie als
pädagogische Fachberaterin am Schulamt Nürtingen sowie als Fachleiterin
für das Europalehramt und übergreifende Projekte am Seminar für
Lehrerbildung und Didaktik in Nürtingen tätig. Ihre ersten
Veröffentlichungen im Schul- und Fachbuchsektor erschienen 2002. Seit
2004 ist sie als Referentin zu didaktischen Fragen für den Klett-Verlag
tätig. Weitere Fortbildungsaufträge folgten, zuletzt an der PH Thurgau
in Kreuzlingen. Seit 2006 leitet sie eine Grundschule mit sport- und
bewegungsorientiertem Profil im Kreis Konstanz. Birgit Gegier Steiner
wohnt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in der Schweiz.

Zum Buch

Mit dem provokanten Buchtitel ist es der Autorin sehr gut gelungen, eine gewisse Neugier für dieses Buch zu entwickeln. Denn auch ich bin Mutter eines Jungens, der viel Bewegung braucht und immer wieder seine Grenzen austestet. Deshalb nahm ich dieses Buch in die Hand und las mich durch die 12. Kapitel dieses Buches:

  1. Jungen sind anders
  2. Chancengleichheitswahn
  3. Anfassen erlaubt
  4. Wenn es brodelt, muss es raus – Bewegung als Katalysator
  5. Zwischen Bauchgefühl und Wissenschaft
  6. Das fussballdidaktische Erziehungsprinzip
  7. Wilde Kerle, Abenteurer und kleine Forscher
  8. Jungen sind Grenzgänger
  9. Jungen brauchen Führung
  10. Helikoptereltern und Übermütter
  11. Auch das haben Söhne – ADHS
  12. Ab heute machen wir es anders!

Beim Lesen entdeckte ich immer wieder Situationen, die mir bekannt vorkamen. Wer auch einen “wilden” Jungen hat, musste sicher auch schon mit Vorurteilen seitens seines Umfeldes kämpfen. Das Kind bekommt vorschnell einen Stempel aufgedrückt und wird oft schnell ein Fall für den Psychotherapeuten. Doch nur weil ein Kind einen hohen Bewegungsbedarf verspürt und sich neugierig handelnd mit seiner Umwelt auseinandersetzt, Dinge infrage stellt und sich Widerspruch erlaubt, ist es noch lange nicht hyperaktiv oder leidet an der Modekrankheit ADHS. Immer mehr kann man eine gewisse Gleichmacherei von Jungs und Mädchen beobachten. Dabei widerspricht das der Natur von Jungen, die einfach nicht mehr sein dürfen wie sie sind.

In den Kapitel wird gezeigt, dass es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen gibt, die auch bei der Erziehung berücksichtigt werden müssen. Dabei spielt auch das Hormon Testosteron eine wichtige Rolle: Es ist verantwortlich für die Ausprägung aggressiven Verhaltens und für die Entwicklung von Konkurrenzgefühlen. Der Hormonspiegel der Sexualhormone ist jedoch nicht bei allen Menschen gleich hoch. Auch Gene und Umwelteinflüsse bedingen sich gegenseitig.

Die Autorin beschreibt das “fußballdidaktische Erziehungsprinzip”, sie schreibt darüber, was Jungen brauchen, sich wünschen und akzeptieren. Es gibt viele Beispiele aus ihrem Schulalltag. Mir hat das Buch sehr gefallen, weil es mich zum Nachdenken gebracht hat und ich heute Vieles gelassener sehe. Eigentlich brauchte ich nur mal an meine Kindheit denken, an meine Kindergarten- und Schulzeit. So bin ich einen großen Weg zum Kindergarten allein gegangen. Wie sieht es heute aus? Da werden selbst Schulkinder fast bis ins Klassenzimmer gebracht, wobei Mama oder Papa brav die Schultasche tragen. Wenn es regnet, werden die Kinder von der Schule abgeholt (auch jenseits der 4. Klasse), wobei die Eltern mit dem Auto am liebsten ins Schulhaus fahren würden, wenn sie könnten. Ich beobachte das immer wieder, und auch Halte-, Fahr- oder Wendebereiche von Bussen werden da “belagert”. Früher sind wir nach den Hausaufgaben rausgegangen, haben draußen gespielt, uns in Parks getroffen etc. Heutzutage haben bereits Kindergartenkinder Terminstress. Ich weiss noch, wie schwierig es war, wenn meine Tochter im Kindergartenalter sich mal mit einem anderen Mädchen zum Spielen verabreden wollte. Reiten, Tanzen, Musikunterricht und Gymnastik standen da auf dem Kalender. Unsere Jungen werden heutzutage überbehütet, alle Bereiche werden übers Normale hinaus gesichert, viele können sich nicht mehr frei bewegen und stehen unter ständiger Kontrolle.

Die Kapitel sind im Buch jeweils nochmals mit den wichtigsten Aussagen gekennzeichnet, so dass man gleich weiss, worum es geht und es natürlich auch das Interesse weckt.

Beispiel: Kapitel 4. Wenn es brodelt, muss es raus – Bewegung als Katalysator

  • Warum Jungen sich bewegen müssen
  • Was schon die alten Römer und Griechen wussten
  • Was Bewegungsorientierte Schulen ausmacht

Am besten gefällt mir ein Absatz aus dem Schlusswort:

“Wir brauchen eine Generation von Jungen, die einen Sinn haben für


  • individuelle Freiheiten und Grenzen
  • wohltuende Bewegung und körperliche Anstrengung
  • inspirierende Leitbilder
  • Respekt und Anerkennung
  • die Ausgewogenheit aus Rechten und Pflichten
  • Teamzugehörigkeit
  • Eigenverantwortung.” (Zitat S. 250)

Dieses Buch ist empfehlenswert für Eltern, Erziehende und Lehrer.

Dieses Rezensionsexemplar wurde mir kostenlos zur Verfügung gestellt.